Ratgeber: So machst auch DU weniger Müll

 

Im Nordpazifik schwimmt eine Müllmasse mit einer Gesamtfläche, die dreimal so groß ist wie Frankreich. Sie zersetzt sich in Mikroplastik, das fatale Folgen für Meeresbewohner und damit über Ecken auch für uns hat. Natürlich ist nicht jeder Einzelne von uns dafür verantwortlich, aber man wäre erstaunt, wenn man untersucht, wie groß der Anteil des Müllatolls ist, der aus unseren Gefilden kommt. Great Pacific Garbage Patch soll hier aber nur als Beispiel dienen, um zu zeigen, wozu unbedachte Müllentsorgung führen kann. Immer mehr Menschen weltweit verfolgen eine einfache, aber effektive Strategie, um ihren Anteil am Abfall zu reduzieren: den sogenannten Zero-Waste-Lifestyle, der darauf abzielt, im Alltag besonders wenig Müll zu verursachen. Ein paar Tipps, wie auch Euer Alltag müllfreier werden kann, möchte ich Euch in diesem Artikel vorstellen. Eingeteilt in drei Stufen, werden die Empfehlungen dabei mit jeder Stufe etwas effektiver, erfordern aber auch mehr Bereitwilligkeit, die eigenen Gewohnheiten zu ändern. Ziel ist es, zu zeigen, dass Müllvermeidung nicht nur gut umsetzbar ist, sie kann sogar Spaß machen!

 

 

Stufe 1: weniger Verpackungsmüll

 

Auf Stufe 1 findest Du Tipps, wie man relativ leicht und ohne große Umgewöhnung Müll im Alltag vermeiden kann. Es gehört dabei eigentlich nicht viel mehr dazu, als ernsthaft über die Frage nachzudenken: Wie kann ich Verpackungsmüll vermeiden?
Die erste Antwort darauf erscheint zunächst banal, senkt die Ansammlung von Plastikmüll jedoch bereits immens: immer Stoffbeutel am Mann bzw. der Frau haben. Die kleinen Plastiktüten, in denen man Obst oder Gemüse behelfsmäßig transportiert, könnten nicht schlechter für die Umwelt sein und sind der Inbegriff von Ressourcenverschwendung, denn in der Regel landen sie im Müll, sobald der Einkauf ausgepackt ist. Man kann zum Tragen mittlerweile zwar immer häufiger Papiertüten bekommen, aber mal ehrlich: Stoffbeutel sind leicht, nehmen in der Handtasche oder dem Rucksack nicht viel Platz weg und knüllen kann man sie auch. Und egal, ob man bei Clemens Obst und Gemüse, Nudeln im Rewe oder Brot und Brötchen beim Bäcker holt: Einen Stoffbeutel dabeizuhaben lohnt sich immer! Und für alle Autobesitzer noch zusätzlich: Eine Einkaufskiste im Kofferraum auch! Das lässt sich übrigens auch 1a auf Getränke übertragen: Eine leere Flasche lässt sich unterwegs immer irgendwo mit Leitungswasser auffüllen (egal ob Einweg-, Pfand- oder Metallflasche) und ein wiederbenutzbarer Kaffeebecher (z. B. Recup) vermeidet, dass nach erreichtem Koffeinkick ein weiterer Einwegbecher im Müll landet.
Als nächstes betrachten wir mal die Dinge, die wir sowieso in Verpackungen kaufen „müssen“, denn bei genauerer Betrachtung ist auch das gar nicht immer notwendig. Obst, Gemüse, Brot, Käse, Wurst, Fleisch und Fisch bekommt man in vielen Geschäften oder auf dem Markt auf Nachfrage (bitte vorher erkundigen) unverpackt und das Steak oder der mittelalte Gouda wird direkt in eine mitgebrachte Tupperdose gelegt. Bei Sachen, die man nicht ohne Verpackung im Supermarkt bekommt, kann man immer noch darauf achten, dass der Inhalt nicht nochmal extra verpackt ist, wie es bspw. bei vielen Süßigkeiten der Fall ist. Taschentücher in einer Box aus Pappe sind auch sehr viel umweltfreundlicher als 50 zusammengepackte 10er Packungen und loser Tee mit Teesieb spart eine Unmenge an weggeworfenen Teebeuteln. Als letztes sei hier noch angemerkt, dass ein kleiner Aufkleber mit der Aufschrift „Bitte keine Werbung und keine kostenlosen Zeitungen einwerfen“ verhindert, dass wieder ein Stapel Werbebroschüren und Stadtanzeiger ungelesen in der Papiermülltonne verschwindet. Sollte trotzdem munter weiter Werbung o. Ä. im Briefkasten landen, kann man das jeweilige Geschäft oder die Lokalredaktion kontaktieren, diese sind dann nämlich dazu verpflichtet, entsprechend auf die Zusteller einzuwirken.

 

 

 

Stufe 2: Müll wiederverwenden

 

Während die Tipps auf Stufe 1 relativ einfach umsetzbar sind, verlangen die Ratschläge, die hier in Stufe 2 folgen, ein wenig mehr Hingabe. Die meisten Tipps folgen dabei ganz dem Motto: „Das kann man doch noch nehmen!“. Und tatsächlich ist es erstaunlich, welche Abfälle man noch gebrauchen kann (und ja, man muss ein bisschen über den eigenen Schatten springen).
Kaffeesatz und andere Küchenabfälle lassen sich sehr gut als Pflanzendünger einsetzen und ein altes, ausrangiertes T-Shirt oder andere Stoffreste geben immer noch einen ordentlichen Putzlappen ab. Hat man doch mal was bei Amazon bestellt, lassen sich die Papphüllen, in denen die Sendung kam, locker auch nochmal benutzen, um etwas zu verschicken, genau wie gepolsterte Briefumschläge.
Natürlich sind viele Dinge nach der eigentlichen Verwendung wohl oder übel Abfall, den auch der engagierteste Recycler nicht mehr weiterverwenden kann. Umso mehr fällt es ins Gewicht, genau diese Art von Müll gezielt zu vermeiden, indem man auf wiederbenutzbare Produkte zurückgreift. Wenn mal etwas auf dem Boden ausläuft, ist ein Geschirrtuch mindestens so effektiv wie Einwegküchenpapier und waschen kann man es auch (genau wie Küchenschwämme aus Naturschwamm statt Einwegschwämme aus Schaumstoff). Bienenwachstücher sind zwar in der einmaligen Anschaffung teuer, ersetzen aber auf lange Sicht jede Art von Frischhaltefolien. Muss es denn immer Flüssigseife sein, während die Hände mit einem Stück Kernseife (mit der man sich theoretisch auch duschen kann) genauso sauber werden? Und zu guter Letzt: ja, das Leitungswasser in Germersheim ist nicht unbedingt das genießbarste, aber ein Wasserfilter (und ein Sodastream-ähnliches Produkt für alle Kohlensäureliebhaber) spart nicht nur die nervige Wasserkastenschlepperei, sondern auch einiges an Plastikmüll. Pfandflaschen sind natürlich besser als Einweggefäße, aber die Wiederaufbereitung des Plastiks ist in der Regel mit Kosten verbunden, die es für viele Hersteller von Lebensmitteln unattraktiv machen, recyceltes Plastik zu verwenden.

 

 

Stufe 3: Komfortzone verlassen und selbst machen

 

Herzlich Willkommen auf Stufe 3! Hier werden all diejenigen noch weitere Tipps finden, die bisherige Ratschläge nicht nur murrend hingenommen, sondern vor allem Spaß am Thema gefunden haben. Die Tipps, die jetzt folgen, gehören nämlich zu der Sorte, die am meisten Engagement erfordern, wenn man sie wirklich befolgen will.
Wenn du viele der bisherigen Ratschläge befolgst, wird sich die Geschwindigkeit, in der deine Mülleimer voll werden, schon mal drastisch reduzieren. Moment, alle Mülleimer? Nein, der kleine Eimer im Badezimmer ist noch verschont geblieben. Doch das ändert sich jetzt!
Zunächst noch mal etwas Einfaches: warum denn nicht die Verpackung, in der man die neue Fuhre Klopapier gekauft hat, als Mülltüte verwenden? Nun zum Inhalt: wem der Umstieg von Taschentuchpackungen zu Taschentuchboxen noch nicht weit genug ging, darf jetzt Omas Schrank plündern, denn Taschentücher aus Stoff können in der Maschine gewaschen werden und produzieren gar keinen Müll. Wer der Anhäufung von Toilettenmüll etwas entgegensetzen will, kann sich über nachhaltige Alternativen zu herkömmlichen Hygieneartikeln informieren, wie z. B. wiederverwendbare Wattepads oder Ohrenstäbchen. Für die motivierte Damenwelt gibt es auch bei der Monatshygiene interessante Optionen wie bspw. Menstruationstassen aus Silikon und waschbare Binden oder Tampons aus Bambusfaser. Bevor ihr solche Produkte verwendet, informiert Euch aber bitte ausführlich über Anwendung und Hygiene. Viele wird es obendrein erstaunen, dass man mit wenigen Zutaten wie Waschsoda, Kernseife und ätherischen Ölen prima selbst Wachmittel herstellen kann. Gleiches gilt für Putzmittel und WC-Reiniger, Anleitungen dafür gibt’s mannigfaltig im Internet. Und aus gegebenem Anlass: Vor kurzem wurde in Speyer ein UNVERPACKT-Laden eröffnet. In diesen Läden kann man Nudeln, Müsli, Nüsse, Backzutaten, Getreide, Süßigkeiten u. v. m. aus großen Behältnissen direkt in mitgebrachte Einmachgläser oder Tupperdosen (Leergewicht vorher draufschreiben!) füllen, die dann an der Kasse gewogen werden. Viele der Hygieneartikel, die aufgezählt wurden, sind dort auch erhältlich.
Zu guter Letzt noch ein Rat, wie ihr auch den Restbestand in euren Mülleimern drastisch reduzieren könnt: Seid kreativ! Mit etwas Bastelgeschick und Spaß sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt: Warum nicht aus alten Zeitungen selbst Briefumschläge herstellen oder als Geschenkpapier benutzen? Oder aus alten Flaschen Lampenschirme oder Windlichter aus Konservendosen basteln? Leere Getränkepackungen lassen sich sehr gut zu Töpfen für den Balkonkräutergarten umfunktionieren und und und und und…

 

Ihr merkt, es ist sehr viel möglich, wenn man nur motiviert genug ist und nicht den Spaß an der Sache verliert. Und auch wenn viele nach dem Lesen dieses Artikels denken: „Stufe 1 und einiges aus Stufe 2 klingt ganz vernünftig, aber darüber hinaus ist mir das viel zu aufwändig!“, dann ist das eben so. Ziel dieses Artikels ist es nicht, aus jedem Leser und jeder Leserin einen Zero-Waste-Profi zu machen, sondern ein paar unkomplizierte Tipps für den Alltag zu geben, zusammen mit einem Ausblick, was alles noch möglich ist. Wie sehr und wie gern Ihr euch danach richtet, bleibt letztendlich jedem selbst überlassen. Eine Sache gilt jedoch: selbst ein bisschen weniger Müll kann schon viel bewirken, wenn nur genügend Leute mitmachen.

In diesem Sinne: Viel Spaß beim Müll vermeiden!

von Jonas Seiler

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