Meist wird Konferenzdolmetschen als die höchste Disziplin der Translation angesehen. Das würde ich auch niemals bestreiten. Doch wie sieht es mit dem bilateralen Dolmetschen in Institutionen aus? Sprich das Dolmetschen im Krankenhaus, bei der Polizei, beim Arbeitsamt, beim Psychologen, in sozialen Einrichtungen, bei Schwangerschaftskonfliktberatungen – die Liste ist schier unendlich. Nun, oft wird angenommen, dass diese Form des Dolmetschens von jedem ausgeübt werden kann, der mindestens zwei Sprachen spricht. Ob er diese nun auch perfekt beherrscht, das sei mal dahingestellt. Denn zum einen interessiert es die Angestellten der vielen verschiedenen Institutionen nicht, ob der Laiendolmetscher beide Sprachen auch wirklich ausreichend beherrscht. Zum anderen aber liegt es daran, dass die Überbrückung der Sprachbarriere in Deutschland „Sache der Migranten“ ist, wie Frau Dr. Bahadir das mal so schön formuliert hat. Dass die Leidtragenden in den meisten Fällen Familienmitglieder und in den schlimmsten Fällen Kinder sind, das scheint keinen oder nur die wenigsten zu interessieren. Und dass bilaterales Dolmetschen weit mehr ist, als Inhalte von einer Sprache in die andere zu übertragen, das sollte spätestens bei der oben genannten Aufzählung jedem klar sein. Wer schon einmal in Institutionen gedolmetscht hat, weiß, dass man neutral und empathisch zu gleich sein sollte, dass man Verständnis zeigen sollte, aber keine Partei ergreifen darf. Während man als Konferenzdolmetscher in seiner kleinen geschützten Kabine sitzt, ist man als Dolmetscher in Institutionen direkt am Geschehen beteiligt und wird nicht nur als Dolmetscher, sondern als Kulturversteher, Kulturerklärer, Gesprächspartner und oft als Argumentationswaffe genutzt.
Ich hatte das Glück, oder doch eher das Pech (?) bilingual aufzuwachsen. Meine Eltern stammen beide aus Italien und sprechen wenig bzw. gar kein Deutsch. Hinzu
kommt, dass sie die deutsche Bürokratie bis heute nicht verstanden haben, sodass ich schon früh lernen musste, Anträge auszufüllen, bei Arztbesuchen mitzugehen und mit Mitarbeitern des
Arbeitsamtes zu streiten. Richtig gelesen, zu streiten. Aber auf diesen Punkt möchte ich nicht weiter eingehen. Stattdessen möchte ich euch anhand einiger Beispiele aus meinem Leben zeigen, wie
wichtig die Ausbildung von Fachdolmetschern ist und dass das Dolmetschen in den oben genannten Bereichen eben nicht von jeder x-beliebigen bilingualen
Person übernommen werden kann.
Gehen wir mal einige Jahre zurück: Aufgrund gesundheitlicher Probleme konnte mein Vater nicht mehr arbeiten. Meine Mutter war bis dato immer schon Hausfrau gewesen, sodass der Einstieg in das Berufsleben meiner Mutter im Alter von 42 Jahren ohne Deutschkenntnisse und ohne Schulabschluss nicht leichtfiel. Um ganz genau zu sein, hat sie es nie geschafft. Deshalb musste von irgendwoher Geld in die Familienkasse kommen. Wie soll eine vierköpfige Familie sonst überleben? Als mein Vater wegen eines Bandscheibenvorfalls nicht mehr arbeiten durfte, musste er Frührente beantragen. Während eines Gesprächs mit Freunden erfuhr mein Vater, dass meine Mutter Anspruch auf Hartz IV hatte. Er ging also zum Arbeitsamt und erklärte mit seinem gebrochenen Deutsch sein Problem. Die nette Dame drückte ihm Papiere in die Hand mit den Worten: Ausfüllen und zurückbringen. Zuhause angekommen der Schock: Das Deutsch auf den Anträgen ist anders als das gesprochene Deutsch. Mein Vater verstand kein Wort von dem, was auf den Papieren stand, sodass das kleine 9-jährige Ich hinzugezogen wurde, um meinen Eltern beim Ausfüllen zu helfen. Dass ich die Hälfte von dem, was auf den Anträgen stand, selbst nicht ganz verstand, fanden meine Eltern komisch. „Warum verstehst du das nicht? Du sprichst doch Deutsch, du musst das verstehen.“ Heute weiß ich, dass es damals nicht meine Schuld war, dass meine Deutschkenntnisse für mein damaliges Alter nicht schlecht waren, sondern dass diese Anträge einfach nicht für ein 9-jähriges Kind gemacht sind, egal welche Sprache die Muttersprache ist. Aber damals machte ich mir sehr große Vorwürfe. Ich verbrachte Tage damit zu verstehen, was überhaupt ein Mietvertrag ist, was Nebenkosten sind, die Bedeutung von Einnahmen und Ausgaben usw.
Und nun mal Hand aufs Herz: Wer von den deutschen Muttersprachlern kannte diese Begriffe im Alter von 9 Jahren? Wahrscheinlich niemand. Und als ob diese Aufgabe nicht schon schwer genug für mich war, wurde ich von meinem Vater fast täglich angeschrien, wieso ich denn so lange mit diesen Anträgen brauchen würde. Heute weiß ich, dass es wahrscheinlich nicht seine Absicht war, mich psychisch mit diesen Anträgen fertig zu machen, dass die pure Verzweiflung aus ihm sprach. Aber als 9-jähriges Kind konnte ich seine Wut überhaupt nicht nachvollziehen. Nach circa einer Woche hatte ich es geschafft, die Anträge auszufüllen und die benötigten Dokumente meiner Eltern zusammenzubekommen. Mein Vater bat mich mit zum Arbeitsamt zu kommen, um die Dokumente abzugeben und das weitere Vorgehen zu besprechen. Ich sollte also das allererste Mal in meinem Leben dolmetschen. Falls sich nun einige fragen, wie das denn im Kindergarten und bei der Einschulung von mir und meinem Bruder abgelaufen ist und auch bei Elternsprechtagen: Um ehrlich zu sein, kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Wahrscheinlich hat sich mein Vater mit seinem gebrochenen Deutsch durchgeschlagen. Aber ich habe von meinen Eltern nie wirklich eine Antwort auf diese Frage bekommen. Wie auch immer. Ich ging also gemeinsam mit meinem Vater zum Arbeitsamt und stand erneut vor dem Problem nichts zu verstehen.. Ich gab mir Mühe, doch weder die Mitarbeiterin noch mein Vater waren wirklich kollaborativ, sodass ich im Endeffekt weinend aus dem Raum rannte und mich für einige Zeit weigerte, Italienisch zu sprechen. Ich schämte mich für meine Eltern…
Die Jahre vergingen und je älter ich wurde, desto eher begann ich meine aufgezwungene Rolle als Dolmetscherin für meine Eltern und Freunde meiner Eltern zu akzeptieren. Diese Rolle bestand jedoch nicht nur darin, zu dolmetschen. Nein, ich musste beraten, erklären, ja sogar integrieren. Denn sobald Familien aus Italien nach Deutschland in unser kleines Dorf zogen, war ich die erste Ansprechpartnerin, obwohl andere bilinguale italo-deutsche Kinder im Dorf lebten. Aber in den Augen aller Dorfbewohner war ich die geborene Dolmetscherin. Hier und da kamen unangenehme Situationen zustande, in denen ich keine Antwort wusste oder meine Sprachkenntnisse einfach nicht ausreichend waren. Denn um ehrlich zu sein, waren meine Italienischkenntnisse bis zum Beginn meines Studiums miserabel. Zuhause wurde kein richtiges Italienisch gesprochen. Unsere Muttersprache ist Sizilianisch. Wie dem auch sei, trotz vieler Schwierigkeiten, hat sich nie etwas an meiner Rolle geändert und so wurde ich für alle möglichen Belange aller Italiener des Dorfes gerufen. Natürlich kann ich mich nicht mehr an alles erinnern. Zwei Ereignisse allerdings sind so fest in mein Gedächtnis eingebrannt, dass ich sie niemals vergessen werde. Denn diese haben mich psychisch sehr belastet und mich für mein Leben geprägt. Und damit ihr verstehen könnt, warum ich der Meinung bin, dass Dolmetscher in institutionellen Bereichen mehr Anerkennung bekommen sollten, bzw. man sich mehr dafür einsetzen sollte, dass keine Laiendolmetscher zum Einsatz kommen, sondern nur noch ausgebildete Personen, möchte ich euch von diesen Ereignissen erzählen.
Mit 19 sah ich mich vor die wohl schwerste Aufgabe meines Lebens gestellt. Mein Vater war schon jahrelang starker Raucher. Jährlich musste er wegen Luftmangel ins
Krankenhaus. Trotz mehrfacher Bemühungen unsererseits war Aufhören für ihn keine Option. 2014 allerdings wurde er eines Besseren belehrt: Mein Vater lief während eines Arztbesuches blau an und
musste sofort ins Krankenhaus eingeliefert werden. Meine Mutter und ich fuhren nach, mussten aber im Wartezimmer warten. Zwei unerträgliche Stunden vergingen und endlich kam der behandelnde Arzt.
Sein Gesichtsausdruck gab mir schon zu verstehen, dass es für meinen Vater überhaupt nicht gut aussah: Die Blutwerte von meinem Vater waren sehr schlecht. Seine Lunge hatte im Laufe der letzten
Jahre stark abgebaut. Er musste in ein künstliches Koma versetzt werden und die Wahrscheinlichkeit, dass mein Vater es überleben würde, war sehr gering. Während der Arzt mit mir sprach, bemerkte
ich, wie mir die Tränen in die Augen schossen. Aber sie durften nicht runterkullern, ich musste stark sein und mich um meine Mutter kümmern. Ich musste meine Gedanken ordnen, die deutsche
Hiobsbotschaft ins Italienische übertragen, dabei darauf achten, dass ich bloß keine falschen Infos weitergab und danach meine Mutter trösten. Fürs Weinen war jetzt keine Zeit. Der Arzt ging und
ich musste nun meiner Mutter erklären, was mit meinem Papa los ist. Die Diagnose des Arztes hatte ich natürlich nicht verstanden. Woher zum Teufel sollte ich denn bitte wissen, was eine
chronisch-obstruktive Bronchitis ist? Und noch weniger kannte ich die italienischen Begriffe dafür. Das Wort Bronchitis hatte ich mal gehört: Irgendwas mit der Lunge ist nicht in Ordnung. Also
erklärte ich meiner Mutter mit zitternder Stimme, dass die Lunge meines Papas nicht richtig funktioniert, er von den Ärzten Medikamente zum Schlafen bekommen hat und er es wahrscheinlich nicht
überleben würde. Meine Mutter brach zusammen. Sie konnte sich vor Verzweiflung nicht mehr auf ihren Beinen halten. Ich stand neben ihr, völlig verzweifelt, weil ich nicht wusste, wie ich mit
dieser Situation umgehen sollte. Ich musste meine Mutter trösten, mich um sie kümmern. Gleichzeitig aber durfte ich nicht weinen. Denn jede Träne, die ich vergossen hätte, wären zehn weitere
Tränen gewesen, die meine Mutter aus Verzweiflung vergossen hätte. Er überlebte zum Glück und laut den Ärzten schien es an ein Wunder zu grenzen. Nach circa einem Monat durfte er wieder nach
Hause.
Es war keine einfache Zeit. Nicht nur, weil ich als Tochter unfassbare Angst hatte, meinen Vater zu verlieren, sondern weil ich meine Angst und Trauer nicht
ausleben durfte. Meine Mutter wäre sonst zusammengebrochen. Ich war Dolmetscherin und Mutter zugleich. Aber zu keiner Sekunde durfte ich Tochter sein.
Wer nun glaubt, dass dies mein schlimmstes Erlebnis gewesen ist, den muss ich leider enttäuschen.
01.05.2017 – Das Datum, das mein Leben komplett auf den Kopf gestellt hat. An diesem Tag habe ich eine sehr wichtige Person verloren.
Noch heute habe ich mit diesem Verlust zu kämpfen. Und während ich hier am Schreiben bin, kämpfe ich mit den Tränen. Ich habe lange überlegt, ob ich diese
Geschichte, eine sehr persönliche und traurige Geschichte, mit euch teilen möchte. Und ja, ich möchte, denn diese Geschichte zeigt ganz genau, was ich euch zeigen möchte – nämlich, dass niemals Laiendolmetscher eingesetzt werden sollten. Noch weniger sollten diejenigen als Dolmetscher hinzugezogen werden, die direkt davon betroffen sind.
Um 18:00 Uhr des 01.05.2017 verließ mein Bruder wortlos das Haus. Das war schon sehr ungewöhnlich, aber aufgrund von einigen familiären Streitigkeiten hatten wir
uns nichts dabei gedacht. Zu diesem Zeitpunkt wohnte ich schon nicht mehr bei meinen Eltern, sodass ich gegen 20 Uhr nach Hause fuhr und an nichts Böses dachte. Am nächsten Tag ging ich ganz
normal zur Uni, hatte versucht meinem Bruder zu schreiben, bekam aber keine Antwort. (Das Verhältnis zwischen mir und ihm war etwas angekratzt, sodass ich mir nichts dabei dachte.) Gegen 12 Uhr
kam ein Anruf von meiner Mutter. Mir war sofort klar, dass etwas nicht stimmen musste, denn meine Mutter rief in der Woche nie vor 16 Uhr an. Sie wusste, dass ich wegen der Uni nicht abheben
konnte. Mein Magen verdrehte sich und ich antwortete mit zitternder Stimme. „Dein Bruder ist immer noch nicht nach Hause gekommen. Er war die ganze Nacht draußen und er hat sich auch nicht bei
seinen Freunden gemeldet. Sie sind alle hier und machen sich wahnsinnige Sorgen“ – mir wurde schlecht. Ich werde niemals diesen verzweifelten Unterton meiner Mutter vergessen. Ich erklärte meiner
Mutter, dass ich den nächsten Kurs ausfallen lassen würde und mich sofort auf dem Weg nach Hause machen würde. Sofort hieß in dem Fall, dass ich mindestens eine Stunde brauchen würde. Am Bahnhof
holten mich meine Eltern ab und wir fuhren zur Polizei. Bei der Polizei erklärte ich, was am Vorabend geschehen war, dass wir gestritten hatten und mein Bruder wortlos aus dem Haus gegangen war.
Ich sprach einfach darauf los und ignorierte all das, was meine Eltern sagten. Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren und ich versuchte mich an jedes kleine Detail zu erinnern. Ich beschrieb die
Kleidung meines Bruders, vergewisserte mich nochmals bei meinen Eltern, ob ich nicht etwas vergessen hatte und dann wurden wir gebeten, im Wartezimmer Platz zu nehmen. Während wir im Wartezimmer
saßen, fiel mir auf, dass die Seelsorge und Krankenpfleger das Präsidium betraten. Stunden vergingen und wir wurden endlich aufgerufen. Wir betraten einen recht trist eingerichteten Raum und
wurden von einer Frau und einem Mann nett begrüßt, doch ihre Mienen sprachen Bände. Ich saß zwischen meinen Eltern und die zwei Polizisten stellten uns verschiedene Frage: Wann haben Sie ihren
Sohn das letzte Mal gesehen? Was hatte er an? Haben Sie ein Foto von ihm? Hatte er finanzielle oder psychische Probleme? Ich dolmetschte brav hin und her und versuchte meine Fassung nicht zu
verlieren. Mein Gefühl sagte mir, dass ich meinen Bruder wahrscheinlich nie wiedersehen würde. Die Fragen waren mir einfach zu suspekt. Allerdings versuchte ich mir meine Sorgen nicht anmerken zu
lassen. Meinen Eltern zu liebe. Der Mann schaute nach unten, schien sehr traurig zu werden, verschränkte seine Arme und fing an zu erklären. Ein Junge, zu der die Beschreibung meines Bruders
passte, hatte sich gestern gegen 18:50 Uhr vor einen Zug geschmissen.
Ich musste schlucken und schaffte es einfach nicht, weiter zu dolmetschen. Ich bekam kein Wort mehr raus. Meine Eltern links und rechts von mir schüttelten an
meinen Armen und fragten besorgt was los war. Ich atmete tief durch und sagte nur sehr knapp: „Mein Bruder ist nun bei den Großeltern“. Meine Mutter fing laut an zu weinen und rief
ununterbrochen, dass das nicht sein kann. Mein Vater weinte und bekam aufgrund seiner Krankheit kaum noch Luft. Die Krankenpfleger mussten sich um ihn kümmern und ich versuchte meine Tränen
zurückzuhalten, um meine Eltern zu trösten. Wir fuhren nach Hause und in dieser Nacht schlief ich nach 2 Jahren zum ersten Mal wieder bei meinen Eltern. Doch der Horror war für mich noch nicht
vorbei. Denn obwohl ich auch Verwandte in Deutschland habe, die perfekt deutsch sprechen, wurde von mir verlangt, dass ich die Beerdigung organisieren sollte. Tagelang unterdrückte ich meine
Trauer, antwortete auf Anrufe vom Bestatter, von Verwandten und Freunden und tröstete alle Menschen um mich herum. Dass ich selbst eine Schulter zum Ausheulen brauchte, schien niemanden zu
interessieren. Die Nächte verbrachte ich mit Weinen. Ich weinte, weil ich meinen Bruder verloren hatte. Ich weinte, weil ich mich in Stich gelassen fühlte. Ich weinte, weil ich als die geborene
Dolmetscherin alles allein meistern musste.
Die meisten Menschen, die mich kennen, würden mich als eine fröhliche und extrovertierte Person beschreiben. Es hat lange gedauert, bis ich meine Freude
wiedergefunden habe und meine Rolle als Familiendolmetscherin nicht mehr als eine Bestrafung angesehen habe, sondern als meine Berufung akzeptiert habe. Mit der Zeit habe ich verstanden, dass ich
aus meiner Berufung einen Beruf machen kann und meine Fertigkeiten deshalb perfektionieren muss. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, den MAT mit dem Schwerpunkt Fachdolmetschen zu studieren.
Mit dem Wissen aus dem Studium weiß ich, dass ich nicht nur von meiner Familie mit diesen Aufgaben allein gelassen wurde, sondern auch von allen Institutionen, den Profis und der Politik. Wie
kann es sein, dass man in solchen Fällen die Tochter als Dolmetscherin akzeptiert? Die psychischen Belastungen sind einfach viel zu groß. Doch nicht nur die psychischen Belastungen des
Laiendolmetschers sollten ein Argument dafür sein, dass dieser Missstand geändert wird. Oft habe ich auch bei Aufklärungsgesprächen mit Ärzten dolmetschen müssen. Ein falsch übersetztes Wort und
es hätte fatale Folgen geben können. Zum Glück ist mir dies nie passiert. Doch wer weiß, ob das jemand anderem nicht schonmal passiert ist? Ob er deswegen nicht schon eine Person verloren
hat?
Weder die Mitarbeiterin des Arbeitsamtes, noch der Arzt oder die Polizisten aus den Beispielen haben sich darum bemüht, einen professionellen Dolmetscher zu
engagieren. Für sie war es selbstverständlich, dass ich dolmetschen sollte. Diese Beispiele aus meinem Leben zeigen, dass es kein Bewusstsein dafür gibt, wie schwierig das Dolmetschen in
Institutionen eigentlich ist und wie dringend dies geändert werden muss. Studierende des Studiengangs Konferenzdolmetschen sollten nicht nur auf Situationen in der Kabine vorbereit werden,
sondern auch auf das Dolmetschen in medizinischen, sozialen, polizeilichen (etc.) Bereichen. Und noch viel wichtiger: Mitarbeiter aus diesen Institutionen sollten für diese Thematik
sensibilisiert werden!
- von einer anonymen Verfasserin
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Oya (Dienstag, 16 Juni 2020 20:27)
Liebe Verfasserin, ich danke Ihnen sehr für Ihre Offenheit und für ihre Geschichte, die auch die meine ist. Viel zu selten sind diese Geschichten zu hören und zu lesen.