Bahngeschichten

Das Semesterende rückt näher und damit auch die Reisezeit. Nicht wenige werden vermutlich ihren Weg in den Urlaub in der Heimat oder im Ausland mit der Bahn bewältigen. Was da so alles passieren kann, selbst, wenn man nur regelmäßig pendelt, haben unsere beiden Autorinnen niedergeschrieben.

 

Abenteuer Deutsche Bahn – Hilfsbereitschaft ist noch immer kein Fremdwort

Viele Menschen beschweren sich über die Deutsche Bahn, viele auch darüber, dass niemand mehr nett und hilfsbereit ist. Dass dies durchaus nicht immer der Fall sein muss und dass der Service der DB auch gut funktionieren kann, konnte ich in den vergangenen Tagen persönlich feststellen.

 

7. Januar 2017, 15:15 Uhr, ein kleiner Bahnhof irgendwo in NRW – Ich stelle fest: Mein Zug fällt aus; ich habe 25 Minuten, um den nächsten Bahnhof zu erreichen, an dem mein Zug hält. Mein Vater rast nah am „Damit-ist-man-den-Führerschein-los“-Limit über die Landstraßen und – oh Wunder! – wir schaffen es rechtzeitig. Nun heißt es mit schwerem Koffer, Laptop und Rucksack über den Busbahnhof und durch das Bahnhofsgebäude zu rennen, um den Zug wirklich noch zu erwischen. Auch das schaffe ich. (Die Sportkurse haben sich wohl bezahlt gemacht.) Nur merke ich kurz darauf, dass mein geliebtes Smartphone während der Hetze aus meiner Jackentasche gefallen sein muss. Samt DB-App und Online-Ticket. Mist.

 

Aus dem Zug kann ich nicht mehr aussteigen, der fährt in einer Minute ab (Auf dem Klo verstecken und hoffen, dass es keiner merkt? Auch das scheint mir keine gute Lösung zu sein). Also spreche ich eine junge Frau an, ob ich kurz ihr Handy benutzen dürfte, um meine Eltern anzurufen. Mein Vater müsste noch in der Stadt sein und könnte direkt nach meinem Smartphone suchen. Zu Hause geht – wie sollte es anders sein – keiner dran; die Handynummer von meinem Vater kenne ich natürlich nicht auswendig.  Während wir warten ist meine Zugbekanntschaft so nett, mein Handy mehrmals anzurufen und eine SMS zu schicken. Schließlich erreiche ich meine Mutter doch und erkläre ihr die missliche Situation. Meine Eltern sind folglich informiert, das Problem mit dem Ticket aber immer noch nicht aus der Welt geschafft. Meine Zugbekanntschaft bietet mir freundlicherweise an, mich auf ihrem NRW-Ticket bis nach Köln mitzunehmen, was ich dankend annehme. Den Rest der Fahrt unterhalten wir uns über Gott und die Welt. Von ihr erfahre ich auch, dass mein Laptop höchstwahrscheinlich über eine Weckfunktion verfügt, sodass ich am Montag zumindest rechtzeitig zur Uni komme. Schließlich sind wir in Köln; ich bedanke und verabschiede mich und steige aus.

 

In Köln führt mich mein Weg zunächst zum DB-Reisezentrum. 20 Minuten habe ich, bis mein Anschluss nach Mannheim kommt. Im Reisezentrum informiert mich der freundliche Mitarbeiter darüber, dass er mir ohne Buchungsnummer kein Ticket ausdrucken könne. Die Buchungsnummer ist natürlich in der App auf meinem Handy bzw. in meinem E-Mail-Postfach, an das ich aber ohne Handy auch nicht rankomme (Und wieder muss ich in kürzester Zeit eine Lösung finden). Ich spreche also zwei Jungen in meinem Alter an, ob ich wohl kurz ihr mobiles Datenvolumen verwenden dürfte. Ich darf! Schnell suche ich die E-Mail mit dem Code raus und stelle mich wieder an. Zu diesem Zeitpunkt habe ich noch 7 Minuten. Weitere zwei Minuten dauert es, bis ich drankomme. Nachdem ich dem Bahnmitarbeiter vollkommen verzweifelt signalisiert habe, wie dringend es ist, geht alles ganz schnell. Ich gebe ihm den Code durch, er druckt mein Ticket und ich erreiche noch gerade so meinen ICE. Einen Sitzplatz bekomme ich zwar nicht mehr, aber die Koffer erweisen sich als erstaunlich bequeme Sitzgelegenheit und Internet gibt es auch. Der Rest der Reise verläuft vergleichsweise reibungslos. Durch die Verspätung des ICE hätte ich beinahe die S3 verpasst, doch da diese ebenfalls zwanzig Minuten zu spät ist, komme ich um 19:30 Uhr endlich in Germersheim an.

 

Abends telefoniere ich mit meinen Eltern, die mir zumindest eine frohe Kunde überbringen: Mein Handy lag im Auto meines Vaters.

 

Auch wenn wohl so ziemlich alles schiefgegangen ist, was schiefgehen konnte, bin ich doch wohlbehalten, wenn auch mit den Nerven am Ende, in Germersheim angekommen. Ohne die vielen Menschen, die mir während meiner Reise so selbstlos geholfen haben, wäre dies jedoch kaum (oder wahrscheinlich gar nicht) möglich gewesen. Es hat mich positiv überrascht, dass alle sofort bereit waren, zu helfen, nachdem ich ihnen meine Situation erklärt hatte. Menschen sind eben doch nicht so egoistisch, wie alle immer meinen.

 

Heike Miriam Schroers

 

 

Life as a … Bahnfahrer(in)

Ich weiß nicht, ob euch sowas schon mal passiert ist: Manchmal kommt es einem vor, als wäre man verflucht. Irgendwie läuft dann alles einfach nur schief. Erst vor Kurzem/kürzlich hatte ich das Gefühl, dass über einen Monat lang meine Bahnstrecke absolut verflucht war und bis heute fällt es mir schwer, eine Erklärung für alle Vorfälle zu finden, die auf dieser Strecke passiert sind.

 

Ich bin Pendlerin und fahre jedes Wochenende die Strecke Karlsruhe-Basel. Normalerweise ist Freitagnachmittag die Hin- und Sonntag am frühen Abend die Rückfahrt. Ich bin diese Strecke nun schon so oft gefahren, ich könnte wohl mittlerweile meinen Weg im Schlaf finden. Aber irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass mir jemand einen Strich durch die Rechnung machen wollte, als ich diesen Sommer von Basel zurückfahren musste.

 

Was war passiert? Fünf Wochen lang steckte ich entweder in Basel oder irgendwo zwischen Basel und Freiburg fest. Wie das? Das kann ich euch gerne verraten. Alles einsteigen in den Lina-Express der merkwürdigen Bahnfahrten!

 

Am letzten Sonntag im Mai begann diese merkwürdige Zeit:: Ich stand am Bahnsteig des Basel SBB und dachte daran, wie ich es mir im Zug bequem machen würde, als die Durchsage kam, dass der Zug eine enorme Verspätung aus vorheriger Fahrt haben würde. Ich kann mich nicht mehr an die genaue Verspätung erinnern, aber sie war gerade so nicht lang genug, dass ich genervt in Richtung der anderen ICE gehen musste. Nichtsahnend stieg ich dann in meinen Zug und dachte, so was kann mal passieren, alles ok. Von wegen!

 

In der darauffolgenden Woche stieg ich wieder in den ICE Richtung Berlin ein und freute mich über meine Unterrichtsvorbereitung, die fast fertig war. Alles ging seinen gewohnten Weg, bis wir plötzlich hinter Weil am Rhein abrupt zum Stehen kamen. Gegenverkehr? Die Strecke ist nicht eingleisig. Baum auf den Gleisen? Nicht direkt. Die Durchsage kam wenige Minuten später: „Auf Grund von spielenden Kindern auf den Gleisen müssen wir unsere Fahrt unterbrechen.“ Ich dachte, ich hätte mich verhört (aber an den Gesichtern meiner Mitreisenden sah ich, dass ich mich wohl nicht verhört hatte). Einige Minuten später ging es weiter, als wäre nichts gewesen. Kinder habe ich allerdings keine gesehen - was vielleicht deren Glück war, denn wir alle hätten liebend gern ein Wort mit deren Eltern gesprochen.

 

In der Woche darauf, ich hatte es mir gerade im Zug gemütlich gemacht und wartete auf die Abfahrt, gingen plötzlich alle Lichter aus. Wenn es nicht erst kurz nach 18 Uhr gewesen wäre, hätte man meinen können, es handele sich um den Beginn eines Horror-Films. Ich muss allerdings zugeben, da wir noch in der Bahnhofshalle waren und es sehr bewölkt war, wirkte die Szenerie so dunkel, dass man so etwas schon leicht denken konnte. Trotz des fehlenden Stroms ertönte plötzlich eine Durchsage, die mich sehr an die Woche zuvor erinnerte, da auch diese absolut absurd klang: „Sehr geehrte Reisende, auf Grund eines Batterie-Resets können wir unsere Fahrt nicht beginnen.“ Das Einzige, was ich denken konnte, war ‚Es gibt Batterien in ICEs? Könnten die also auch fahren, wenn die Oberleitungen gefroren sind und wenn ja, warum nutzen sie das nie im Winter?‘ Was genau beim Batterie-Reset passiert, hat allerdings keiner wirklich verstanden und die Erklärung klang eher nach „Hilfe, wir haben einfach den Aus-Knopf gedrückt, weil wir keine Ahnung haben, was wir sonst machen können.“ Bis heute frage ich mich, wo in dem Zug eine Batterie sein soll und wie stark sie ist. Vielleicht wisst ihr es ja.

 

Der folgende Sonntag dagegen war, vergleichen mit den Vorherigen, recht „langweilig“. Der Zug war so voll, dass ich auf meinem Koffer mitten im Gang saß und fast nicht aussteigen konnte, weil neue Reisende einstiegen, bevor ich überhaupt die Tür erreichen konnte. So wäre ich fast bis nach Mannheim gefahren. Ziemlich „uneventful“, oder? Dann folgte auch schon die letzte Woche meines seltsamenMonats, und die hatte es aber wieder in sich: Ein von der Polizei Gesuchter lief angeblich in der Nähe der Gleise umher. Interessanterweise war das wieder in der Nähe von Weil am Rhein. Was später geschah, weiß ich nicht. Vielleicht haben sie ihn gefunden, vielleicht nicht, vielleicht klang dies besser als die Durchsage mit den Kindern drei Wochen zuvor.

 

Das war es dann auch schon. Glücklicherweise lief danach alles wieder wie gewohnt: keine spielenden Kinder, die plötzlich verschwunden waren, keine kaputten Batterien, keine Verspätungen, nicht mal extrem volle Züge (auch, wenn sie noch immer ausreichend voll sind). Warum ausgerechnet so viele Dinge in so kurzen Zeitabständen passierten, weiß ich nicht. Vielleicht ist dies am Ende doch gar nicht so unüblich, wenn man jede Woche dieselbe Strecke fährt. Was meint ihr: War dies nur logisch-normal, dass irgendwann so etwas passiert, oder war dies ein Zeichen, dass ich mir endlich einen Führerschein und ein Auto zulegen sollte?

 

Zwetelina Steinbach

 


- Artikel aus dem 06|kurier vom WiSe 2016/17 -

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