Weinprobe in der Weinstube Ackermann

„Der Ackermann? Den gibt’s noch? Ich dachte, der hat zugemacht!“ Ich war wohl nicht der Einzige, der das dachte. Aber mal ehrlich, in einem Dorf wie Germersheim, dessen Alltag vom Gemüsemann über die Metzgerei bis hin zu DER Kneipe durch die Bank weg von eingesessenen Urgesteinen geprägt zu sein scheint, die es gefühlt schon immer gegeben hat, in so einem begehbaren Museum also, wäre es da nicht naiv, zu glauben, ein Original wie die Weinstube Ackermann könne seine Türen schließen? Jedenfalls freute ich mich, als ich hörte, dass ich mich irrte und dass sich am 15.05. sogar bei einer Weinprobe die Gelegenheit bot, das gemütliche Lokal mit den Flaschenbodenfenstern mal wieder zu besuchen.


Zugegeben, immer hat es sie nicht gegeben, die Weinstube Ackermann. Allerdings steht ihr aktueller Wirt Christoph Schütz bereits seit 37 Jahren zwischen dem fassförmigen Tresen und den sich unter der Last der Gläser (so lautet zumindest meine romantische Erklärung) durchbiegenden Regalbrettern. Das ist immerhin doppelt lang wie so mancher Studienanfänger am FTSK auf der Welt ist. Entsprechend groß ist das Wissen, das der Hausherr in Sachen Wein mitbringt, wie ich bald am eigenen Leibe erfahren sollte.

Da es meine erste Weinprobe war, betrat ich die Weinstube reichlich unvorbereitet und angespannt. Unvorbereitet, weil ich keinen Stift dabei hatte; denn der seriöse Weinverkoster macht sich natürlich Notizen, um sich am Ende eines Abends mit 15 verschiedenen Weinen („bei 15 Weinen beginnt eine seriöse Weinprobe“) an die einzelnen Gläser zu erinnern. Angespannt, weil mir insgeheim vor der Vorstellung graute, als elfter von zwanzig Menschen in einen Eimer für bereits probiertem Wein zu spucken (man hört ja so vieles…). Zum Glück legte sich diese Angst gleich zu Beginn: Da es nur (!) zehn Gläser zu verkosten gäbe, dürften wir ruhig auch trinken, erklärte uns der Gastgeber.

Und das taten wir auch! Von Dornfelder über Portugieser Weißherbst bis hin zu Muskateller und Siegerrebe schlürften und schmeckten, süffelten und schmatzten wir uns durch zehn Sorten. Vor jedem „Gang“ erklärte Christoph nicht nur die Eigenschaften der jeweiligen Sorte, sondern führte die Neueinsteiger wie mich auch in die Grundlagen des Weingenusses ein. So erfuhren wir im Laufe des Abends etwa, worin sich die Herstellung von Weiß- und Rotwein unterscheidet, bei welchen Trauben es sich um Neuzüchtungen handelt, welchen Weg so eine Neuzüchtung geht, bevor sie vermarktet werden darf, woher der Name des Portugieser Weißherbstes (nicht) stammt, weshalb man eine angebrochene Flasche Muskateller stets austrinken muss, usw.

Sollte der geneigte Leser jetzt erwartet haben, dass ich diese Fragen hier beantworte, so muss ich ihn enttäuschen. Das liegt weniger an meinem durch die Menge des konsumierten Alkohols zugegeben leicht getrübtem Gedächtnis. Vielmehr will ich sie ermuntern, die Fragen selbst und direkt in der Praxis zu stellen. Der Ansprechpartner dafür sollte klar sein; was die Adresse der Weinstube Ackermann angeht, so hatte sich auf dem Plakat ein Fehler eingeschlichen. Aber als Germersheimer Urgestein ist sie ja sowieso jedem hier bekannt… 

Benjamin Weise

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