Mit "weltwärts" nach Costa Rica

Melanie arbeitet zur Zeit für das Umweltprojket "First Aid for Wonderful Nature“ in Costa Rica. Für das 06Imagazin berichtet sie euch, was sie dort erlebt und wie es ihr gefällt.

Was machst du gerade in Costa Rica?

Auf die Idee, ein Jahr ins Ausland zu gehen, kam ich vor zwei Jahren durch Freunde, die an dem Programm „weltwärts“ vom deutschen Entwicklungsministerium teilnahmen. Also bewarb ich mich nach dem Abi bei vielen verschiedenen Organisationen, die das Programm „weltwärts“ anbieten, für einen Platz in Lateinamerika. Wo genau ich hinwollte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich wusste nur, dass ich mich für den Naturschutz engagieren wollte. Ich bekam als Antwort auf meine Bewerbung viele Angebote, doch das Richtige schien nicht dabei zu sein, bis ich schließlich die Organisation „First Aid for Wonderful Nature“ fand, die Umweltprojekte in Costa Rica anbot. Ich bewarb mich dort und wurde zum Seminar eingeladen. Nach diesem Seminar war mir gleich klar, dass ich unbedingt nach Costa Rica in eines der Projekte wollte. Doch den Platz bekam ich leider nicht. Allerdings ließ ich mich auf die Warteliste setzen und fing erst einmal an zu Studieren. Nach zwei Semestern Studium bekam ich dann die Zusage für das Jahr 2012/13 und nahm sofort an. Ich fing an zu planen und Spenden zu sammeln (was ein entscheidender Teil des Programmes ist) und im August ging es dann los nach Costa Rica.

Warum wolltest du unbedingt nach Costa Rica/in dein Projekt?

Zunächst war mein Gedanke in Lateinamerika Spanisch zu lernen und dem Naturschutz zu dienen. Ein bestimmtes Land hatte ich dabei nicht im Sinn. Als ich dann jedoch mehr über Costa Rica erfuhr, wollte ich unbedingt dort hin. Das, was ich über die Natur las, faszinierte mich und das immer warme Klima sagte mir sehr zu. In das Projekt, in dem ich jetzt bin, wollte ich, weil ich hörte, dass man dort sehr schnell Spanisch lernen kann. Außerdem vereint es viele Aspekte, die mir gefallen, wie zum Beispiel Naturschutz mit Tourismus.

Welchen Eindruck hast du von Costa Rica und deinem Projekt? Gefällt es dir? Was gefällt dir besonders, was gefällt dir gar nicht?

An Costa Rica gefällt mir natürlich am besten die atemberaubende Natur: Vulkane, Strände, Wasserfälle, hohe Bäume, tropische Früchte, Affen, Tukane, Schmetterlinge, Kaimane und vieles mehr gibt es zu sehen. Und das ist es auch, was mir an meinem Projekt am besten gefällt, denn ich lebe hier quasi im Regenwald. Tag für Tag darf ich hier sein und die verschiedensten Tiere beobachten und über den Regenwald lernen. Costa Rica ist wirklich sehr vielseitig und bunt und ich freue mich sehr, dass ich dieses tolle Land entdecken darf. Auch die Offenheit der Menschen hier gefällt mir sehr gut, auch wenn man sich als blonde Frau manchmal belästigt fühlt. Doch so etwas wirft mich nicht aus der Bahn, denn ich lerne jeden Tag neue tolle Menschen kennen und habe hier schon sehr gute Freunde gefunden.

Was sind die größten Unterschiede zwischen Deutschland und Costa Rica?

Tico-Time ist wahrscheinlich der größte Unterschied zu Deutschland. Hier ist eben alles muy „pura vida“ und man hat viel Zeit. Auch wenn „ahora“ übersetzt eigentlich „jetzt“ heißen sollte, kann sich dieses „jetzt“ auch leicht mal über einige Wochen hinziehen. Manchmal stört mich das schon und ich wünsche mir die deutsche Pünktlichkeit zurück, doch mittlerweile erwische ich mich selbst dabei wie ich „jetzt“ sage und „vielleicht irgendwann einmal“ meine.

Natürlich ist das Klima auch total anders. Während ich hier mit der Weihnachtsmütze am Strand sitzen kann, fällt in Deutschland Schnee. Deswegen hat sich das Weihnachtsgefühl bei mir auch nicht eingestellt, obwohl die Ticos, genauso wie die Deutschen, ihre Häuser mit Schneemännern aus Lichterketten und Rentieren schmücken. Verrückt!

Was vermisst du an Deutschland und Germersheim?

Besonders zur Weihnachtszeit habe ich meine Familie doch sehr vermisst und hätte mir manchmal eine Tasse Glühwein und ein Plätzchen gewünscht. Sonst bin ich eigentlich sehr zufrieden und komme mit den vielen Unterschieden gut zurecht. Das deutsche Verkehrsnetz vermisse ich auch manchmal. Oft ist es schwierig von einem Ort zum anderen zu kommen, denn es gibt viel weniger Busse, die kurze Strecken fahren. Deshalb wünsche ich mir auch manchmal ein Auto, denn hier fahre ich fast nur mit dem Taxi, was ganz schön ins Geld geht. Meine Studi-Kollegen in Germersheim vermisse ich natürlich auch, doch ohne die Uni halte ich den Rest des Jahres wohl noch aus…

Wie sieht dein typischer Alltag aus?

Mein Projekt heißt „Ecocentro Danaus“ und besteht aus drei Hektar wiederaufgeforstetem Regenwald. Es ist ein Touristenzentrum und ein ökologisches Bildungsprojekt. Hier findet man eine große Palette an einheimischen Tieren, wie zum Beispiel Tukane, Faultiere, Schmetterlinge, Frösche, Kaimane, Gürteltiere und Leguane. Mein Alltag besteht darin, das Schmetterlingshaus zu führen, in dem ich die Larven füttere, Eier sammele und alles sauber halte. Außerdem reproduziere ich mit andern Mitarbeitern die vom Aussterben bedrohten Rotaugenlaubfrösche, das heißt ich kümmere mich um die Kaulquappen und sammele Eier. Des Weiteren arbeite ich oft an der Rezeption, wo ich den Touristen Informationen über das Projekt gebe und mache mittlerweile auch selbst Touren durch das Ecocentro. Ich helfe auch bei allem, was sonst noch so anfällt und lerne jeden Tag neue interessante Fakten über die Flora und Fauna Costa Ricas. Mir gefällt mein Alltag sehr, denn ich habe nicht nur Kontakt mit den Ticos und lerne Spanisch, sondern rede auch mit Touristen aus aller Welt. In meiner Freizeit male ich auch gern oder gehe mit Freunden in die nahegelegene Stadt Fortuna oder zum Fluss.

Wie kommst du mit den Einheimischen zurecht?

Die Ticos sind ein sehr offenes Völkchen. Es ist hier normal, dass man, wenn man neue Leute kennenlernt, gleich eingeladen wird sie zu besuchen. Ich wurde hier sehr freundlich aufgenommen. Die Ticos sind auch sehr hilfsbereit und es gefällt ihnen sehr, Ausländern ihre Kultur zu zeigen. Sie freuen sich immer über interessierte Menschen, die auch versuchen Spanisch mit ihnen zu sprechen. Ich fühle mich hier mittlerweile sehr gut integriert und habe viele Freunde. Als blonde Frau sollte man hier manchmal doch etwas aufpassen und man wird auch öfters mal angemacht, doch das sollte man einfach ignorieren und nicht persönlich nehmen, denn für die Ticos ist diese Form von Annäherung normal und sie betrachten es nicht als unfreundlich. Alles in allem komme ich hier sehr gut klar und fühle mich gut aufgenommen.

Was gefällt dir am besten an der Stadt und der Region?

Ich lebe hier in Fortuna im Inland, direkt bei dem berühmten Vulkan Arenal. Es gefällt mir sehr gut und auch wenn ich mir manchmal wünsche, am Strand zu leben, bin ich doch sehr glücklich hier. Die Region hat viel zu bieten und man ist hier keineswegs so von der Außenwelt abgeschnitten, wie in einigen anderen Regionen Costa Ricas. Fortuna ist ein kleines Touristenstädtchen, über dem der Vulkan thront. Hier ist es wirklich schön und man kann zu verschiedenen Flüssen mit Wasserfällen fahren oder zu den vom Vulkan erhitzten Thermalquellen. An den Strand fahre ich dann in meiner Freizeit, von der ich auch reichlich habe.

Jetzt wo du da bist: Bist du froh über deine Entscheidung oder bereust du es? Haben sich deine Erwartungen erfüllt?

Ich bin immer noch sehr froh über meine Entscheidungen und habe sie bisher noch keinen Tag bereut. Ich weiß jetzt schon, dass ich sehr traurig sein werde, wenn ich wieder zurück nach Deutschland muss, denn Costa Rica ist mein zweites Zuhause geworden. Meine Erwartungen haben sich erfüllt in Bezug auf die wunderschöne Natur. In Bezug auf mein Spanisch haben sie sich übertroffen, denn ich dachte nicht, dass ich es so schnell lernen würde. Nach vier Monaten verstehe ich bereits alles und komme sehr gut zurecht. Das hätte ich nicht gedacht.

Deine bisher interessanteste/peinlichste/lustigste Erfahrung in Costa Rica?

Meine interessanteste Erfahrung bisher war die Kultur der Maleku-Indianer kennenzulernen. Im Ecocentro ist ein Haus der Malekus, der kleinsten indigenen Gruppe Zentralamerikas angeschlossen, in dem verschiedene Malekus Präsentationen geben und ihre Kunst ausstellen. Seit ich hier bin, fasziniert mich ihre Kultur und Sprache und ich hatte auch schon die Gelegenheit mir das Indianerreservat anzusehen. Mittlerweile versuche ich mich auch so wie die Malekus künstlerisch zu betätigen und einiges von ihrer Sprache aufzuschnappen. Mich interessiert dieses „andere Costa Rica“ sehr, denn es ist ursprünglich und auch die Malekus verhalten sich anders als die Ticos. Ich habe auch schon viele Freunde unter den Malekus gefunden und hoffe von ihnen in diesem Jahr noch viel mehr zu lernen.

das Interview führte Elissa Maccione

Fotos von Melanie Kopton-Kubenka

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